Kr(e)ise


In Zeiten der Finanz- Wirtschafts- oder sogar Weltwirtschaftskrise ist jeder ein Experte. So auch ich. Jetzt wo vieles zu zerbrechen droht, an dem man sich im letzten Jahrzehnt orientiert hatte, muss man auch vieles neu überdenken. Die zwei Bereiche, in denen ich in dieser komplexen Welt einigermassen heimisch bin, Kunst und Theologie, wurden von der boomenden Wirtschaft jedenfalls nicht unwesentlich beeinflusst. Hirsts Diamantenschädel? Millionenpreise für Klimts Bilder? Der Prediger als CEO? Oder die ganzen Angebote für Christen in der Wirtschaft? Mein Gedanke ist, dass die Kunst uns diesmal etwas lehren könnte: Das Wichtige und Berührende braucht nicht Macht und Geld, um wirken zu können. Eine Skulptur von Hirschhorn, der mit Klebeband und Karton arbeitet, kann mich genauso ansprechen wie der erwähnte Diamantenschädel. Künstler werkeln ja schon lange vorzüglich mit "billigem" Material. Arbeiten auf Papier, mit Draht und Papier maché, oder eben Klebeband sind künstlerisch nicht weniger wert als hochglanzpoliertes und in-Gold-und-Diamanten-verpacktes. Das zeigen uns auch die Schriftsteller, die nach wie vor aufs Wort und Sätze vertrauen müssen. Goldschnitt, geprägte Buchdeckel und teures Papier- macht das ein Buch wertvoller oder wichtiger? Daher bin ich froh- und blase in das Horn derer, die in jeder Krise eine Chance sehen- dass unser Vertrauen in Geld und Besitz erschüttert wird. Es schüttelt das Wahre vom Unwichtigen, das Gewichtige vom schönen Schein.